Am 19. Januar 2023 hat der Ortsverein Ulrich eine Treffen mit den Mitarbeitern von Tür-an-Tür - miteinander wohnen und leben e.V. Dieser Verein betreibt in der Wertachstraße 29 das gleichnamige Café. Ferner bestreibt er Projekte zur erleichterung der Integration von Imigranten, z.B. Deutschkurse und Schulungen zu den Themen den rechtlichen Rahmenbedingungen Flucht, Asyl, (Aus-) Bildung und Arbeit. Es war ein langes, angeregtes Gespräch über die Alltagsprobleme von Imigranten. Das Ergebnis wurde nun Zusammen gefasst und wird den verschiedenen Funktionsträgern im Bundestag und im Europäischen Parlament zugeleitet. Hier der Text:
Die Lage
Eine ungeregelte Migration ruft in Deutschland und in anderen europäischen Staaten Probleme hervor. Diese bestehen in
Mangelnder Bereitschaft einiger Staaten Migranten überhaupt aufzunehmen,
Dem Fehlen eines Verteilerschlüssels der es gestattete die einzelnen Staaten gleichermaßen mit dieser Herausforderung zu belasten,
Der Entstehung ausländerfeindlicher Stimmungen, die das Anwachsen rechtsradikaler Parteien begünstigt und
Die Verwendung dieses Themas von rechtskonservativen Regierungen, wie die von Polen und Ungarn, den Abbau des Rechtsstaates in ihrem Wirkungsbereich voranzutreiben.
Aus diesen Beweggründen haben sich in Europa Praktiken entwickelt, die wir für nicht hinnehmbar betrachten. Nämlich
Die Bildung sog. Asylzentren in Nordafrika. Den Berichtserstattungen nach sind dort Zustände, in denen Menschenwürde nicht nur nicht geachtet wird, sondern Leib und Leben der dort Internierten gefährdet ist.
Das Zurückstoßen der Migranten auf dem Mittelmeer, denen es gelingt in die Nähe von Rettungsbooten oder des Festlandes zu kommen. Es kommt dort zu Misshandlungen, Verletzungen und zu Todesfällen.
Die Zusammenarbeit mit despotischen Regierungen, die für die Zurückhaltung von Migranten mit der Visafreiheit von Teilen der Bevölkerung belohnt werden.
Die stillschweigende Duldung des Baues von Grenzzäunen und Mauern um Migranten am Betreten des Landes zu hindern.
Diese Politiken widersprechen den Prinzipien der Humanität und können nicht schweigend hingenommen werden. Sie verlangen nach europäischem und staatlichem Handeln.
Die Lage
Die Duldung entsteht durch die Nichtanerkennung der Fluchtgründe verbunden mit der Unterlassung der Ausweisung. Es ist eine „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern. Geduldete sind weiterhin ausreisepflichtig, jedoch entfällt mit der Duldung eine Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthaltes nach § 95 Abs.1, Nr. 2
Die §§ 60 und 60 a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) regelt die Aussetzung. Sie ist dann zu unterlassen, wenn die Abschiebung nicht durchgeführt werden kann weil ihm im Heimatland eine Verfolgung oder ein anderer schwerer Schaden (z.B. Todesstrafe, Folter oder Krieg) droht. Eine schwere Erkrankung ist ebenfalls ein Ausreisehindernis.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums des Inneren (BMI) haben sich 31. Oktober 2022 248.182 geduldete Ausländer in Deutschland aufgehalten, 137.373 davon waren länger als 5 Jahre geduldet. Das Chancen-Aufenthaltsrecht vom 31. 12. 2022 hat hier einige Fortschritte gebracht und das Bleiberecht erleichtert.
Ein weiteres Problem sowohl für die Rückführung als auch für die Duldung, die Arbeitserlaubnis und das Bleiberecht ist die ungeklärte Identität vieler Migranten. Es ist letztlich nicht feststellbar ob der fehlende Pass wegen der Umstände der Flucht oder wegen der Vernichtung durch den Passinhaber verloren ging. Vielfach verweigern oder sabotieren auch die Herkunftsländer eine Klärung der Frage. Hier ist ein Handlungsbedarf.
Erwerbstätigkeit: Grundsätzlich dürfen geduldete Personen nicht arbeiten. Es kann jedoch für die Dauer der Duldung die Aufnahme einer Beschäftigung gestattet werden, jedoch nicht in den ersten drei Monaten des Aufenthaltes (§ 32 der Beschäftigungsverordnung BeschV). Die Gestattung ist eine Ermessensentscheidung. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist (§25 Abs. 5) und kann dann auf Antrag verlängert werden. Es entsteht dann ein Kettenduldung.
Das Problem
Durch die Kettenduldung, die sich in vielen Fällen über Jahre erstrecken kann, wird dem Migranten die eigene Lebensplanung aus der Hand genommen. Er weiß weder für sich, noch ggf. für seine Familie, was die nächste Entscheidung des Amtes bringen wird. Da dies potentielle Arbeitgeber auch nicht wissen, führt das zur Zurückhaltung bei der Aufnahme von Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen. Das belastet die Sozialkassen und vorenthält dem Arbeitsmarkt Arbeitskräfte in einer Zeit, in der diese intensiv gesucht werden.
Eine schnellere Identitätsklärung ist dringlich da diese eine Voraussetzung für alle Maßnahmen der Zuwanderungs- und Integrationspolitik ist. Sind Dokument aus dem Herkunftsland nicht erhältlich, ist dem Migranten die Möglichkeit zu bieten durch eidesstattliche Erklärung seine Identität zu bekennen. (§ 60b AufenthG)
Dem Migranten ist nach 3 Monaten eine Arbeitserlaubnis zu erteilen und ihn nicht mit einer Residenzpflicht zu belegen.
Diese Maßnahme entlastet die Sozialkassen und bietet dem Migranten Zugang zum Arbeitsmarkt. Es macht ihn wirtschaftlich unabhängig und fördert durch den Aufenthalt im deutschsprachigen Umfeld die Integration.
Die Kettenduldung soll, wenn die Voraussetzungen des § 60 d Abs. 1 Ziffer 3 erfüllt sind, drei Jahre nicht überschreiten. Danach ist ein Bleiberecht zu erteilen.
Solch eine Vorschrift setzt die Verwaltung unter Zugzwang menschliche Schicksale in der gebotenen Eile zu erleichtern. Es soll den Migranten die Lebensplanung leichter machen und ihnen einen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Ausbildungsverhältnissen ermöglichen.
Die Schaffung eines sog. Spurwechsels, d.h. Immigranten, die aus humanitären Gründen ein Aufenthaltsrecht bekommen, soll der Wechsel zum Status der Arbeitsimmigranten zum Zwecke von Arbeitsaufnahme möglich gemacht werden. Sie können sonst nicht aus ihrer ausweglosen Situation entkommen. Sie erhielten dadurch ein eigenes Einkommen, würden die Arbeitskräfteknappheit mildern und die Sozialkassen entlasten.
Dieser Text soll in der OV-Versammlung am 20. April beraten und Initiativen entwickelt werden.