09. Juli 2024
Die Kritik am Bürgergeld wird immer wieder aufgekocht.
Die Süddeutschen Zeitung vom 29./30. Juni 2024 hat die Kritikpunkte genauer untersucht und das Ergebnis vorgestellt.
-
Behauptung: Immer mehr Menschen beziehen Bürgergeld. Das stimmt nur dann, wenn man die Ukrainischen Flüchtlinge dazu zählt. Macht man das nicht, ist die Zahl der Bürgergeldempfänger in etwa gleich geblieben. Es gibt also keine Flucht in die “soziale Hängematte“.
-
Behauptung: Der Abstand von Mindestlohn und Bürgergeld (ehem. Hartz 4) sei nicht groß genug. Tatsache ist, dass der Abstand heute größer ist als 2018, zur Zeit der CDU geführten Bundesregierung.
-
Behauptung: Bürgergeldempfänger beziehen lieber „Stütze“ anstatt zur Arbeit zu gehen. Dafür gibt es keine Belege. Dass weniger Bürgergeldempfänger eine Weiterqualifizierung bekommen als früher, liegt daran, dass aufgrund der Haushaltslage des Bundes, weniger Qualifizierungsmaßnahmen bewilligt werden.
Was nicht in dem Artikel steht, wir aber gerne erwähnen wollen: Nachdem oft von einer „sozialen Hängematte“ die Rede und die Schreibe ist, die Existenz eines „sozialen Himmelbettes“ aber öffentlich nicht erwähnt wird, obwohl es unübersehbar ist.
Was hat es nun auf sich, das „teure Himmelbett"?
- 10% der Haushalte besitzen 56 des gesamten Nettovermögens
- 5% Superreiche besitzen 43%
- 50% der ärmeren Bevölkerung besitzen 5% des gesamten Nettovermögens
- Gesamtvermögen des Euroraum sind 60 Billionen €, das sind 13,7 Bio € mehr als vor 5 Jahren.
- Durch die momentane Steuerpolitik werden Besserverdienende steuerlich entlastet,
- Menschen mit wenig Einkommen insgesamt stärker belastet.
- Es werden Arbeitseinkommen zu stark besteuert. In dieser Hinsicht ist Deutschland ein Hochsteuerland,
- Doch für Spitzenverdiener und Hochvermögende ist Deutschland ein Niedrigststeuerland.
- Länder wie USA, Frankreich und Großbritannien erheben drei- bis viermal so hohe Steuern auf Vermögen.
- Wenn Deutschland die gleichen Steuern erheben würde stünden der Staatskasse 100 Milliarden Euro mehr zur Verfügung.
- Deutschland macht geradezu einen Unterbietungswettbewerb auf Internationaler Ebene.
- Deswegen liegt es an der Zahl der sehr Wohlhabenden an dritter Stelle in der Welt hinter den USA und China. Deutschland zählt 109 Milliardäre, Frankreich 34.
Soll durch die Besteuerung der Milliardäre Leistung bestraft werden?
Ist das nicht die alte Neiddebatte?
Haben sich die Reichen ihr Himmelbett nicht durch harte Arbeit verdient?
- Nein! Der größte Zuwachs an Milliardären entsteht nicht durch Unternehmeraktivitäten sondern durch Erbschaft. 60% aller privaten Vermögen entstehen nicht durch unternehmerisches Wirtschaften, sondern durch erben. Dreihundert bis vierhundert Milliarden Euro werden in Deutschland jedes Jahr verschenkt oder vererbt. Der Staat nimmt davon nur 10 Milliarden Steuern ein. 90 Milliarden bleiben uns, der Gesellschaft, vorenthalten.
Hier sehen wir Handlungsbedarf
- Aus der Kolumne vom 22. Dezember 2023 auf ZEIT ONLINE in der Reihe Fratzschers Verteilungsfragen. Marcel Fratzscher , DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
und aus den Mitteilungen des Europäischen Zentralbank EZB, berichtet in der Süddeutschen Zeitung vom 9. Januar 2024