Wohnungsbau in Augsburg 1 - Mietrecht, Bodenrecht und Umweltschutz (5.2022)

Warum diese Anträge?

Mitglieder des Ortsvereins Ulrich haben beobachtet, dass es auf dem Wohnungsmarkt in Augsburg zu einem immer größer werdenden Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage kommt. Die Folge davon sind Mieterhöhungen und Probleme überhaupt eine Wohnung zu finden. Durch die noch größeren Probleme in München, drängen von dort Menschen auf den Augsburger Wohnungsmarkt. In Zusammenarbeit mit dem Mieterverein Augsburg hat der Ortsverein Ulrich Fakten zusammen betragen.

Die Lage

• In dem Zeitraum von 2008 bis 2018 wuchs die Augsburger Bevölkerung um 31.000 Personen an. In dieser Zeit sind ca. 10.000 Wohnungen gebaut worden. Bei einer durchschnittlichen Wohnungsbelegung von 2.03 Personen bedeutet das einen Wohnungsbedarf von 20.300 Personen. Das ergibt einen Nachfrageüberhang von 10.700 Personen oder ca. 5.000 Wohnungen. Das führte dazu, dass die Neuvermietungsmieten jährlich um 5% gestiegen sind, das sind in 10 Jahren 50%!

• Entsprechend sind die Preise für Wohnungseigentum gestiegen.
o Für gebrauchte Eigentumswohnungen stieg er von 1.500 €/qm auf 3.800 €/qm. o Für Neubauwohnung von ca. 2.650 €/qm auf 6.000 €/qm o Die Preise für gebrauchte Einfamilienhäuser lag 2020 bei 665.000 €, für ein gebrauchtes Reihenhaus im Durchschnitt 460.000 €. Das entspricht einer Verdoppelung des Preises seit 2012.
• Die Folgen dieser Entwicklung sind o Die Gentrifizierung, d.h. die Vertreibung der gering verdienenden einheimischen Bevölkerung aus ihrem angestammten Wohnquartier durch Luxussanierung, ist in vollem Gange
o Der Wohnkostenanteil am Einkommen wird immer höher. • Nach Angaben von Hans-Jochen Vogel hat sich der Anteil der Bodenkosten beim Bau eines Hauses enorm erhöht. In München waren es 1952 3% des Gesamtpreises, im Jahre 2018 waren es ca. 79%. Die Entwicklung der Bodenpreise ist somit ein wesentlicher Faktor bei der Entwicklung der Baukosten und damit der Mieten.
• In den letzten Jahren haben sich noch weitere Faktoren gezeigt, die einen zusätzlichen Preisdruck auf die Wohnungskosten ausüben. o Der deutliche Anstieg der Energiepreise wirkt sich direkt auf die Heizungs- und Warmwasserkosten: Maßnahmen zur Verminderung des Energieeinsatzes in den Gebäuden müssen vom Mieter und/oder Eigentümer finanziert werden. o Die klimabedingte Zunahme von Extremwetterereignissen macht baulich Schutz- und Anpassungsmaßnahmen nötig, die ebenfalls die Kosten des Wohnens erhöhen werden.

Nach eingehender Beratung und nach Einholung weiterer Informationen, stellt der Ortsverein Ulrich die nachfolgenden Anträge

Auf Antrag des Ortsvereins Ulrich möge der Parteitag beschließen:

1. Rechtlichen Änderungen im Bereich der Wohnungswirtschaft

1.1. Bei der Förderung des sozialen Wohnungsbaus soll wieder eine Belegungsbindung eingeführt werden. (Belegungsbindung liegt vor wenn eine Sozialwohnung, gebaut mit staatlichen Subventionen, zur Kostenmiete (= Zinsen für Fremdmittel + Abschreibungen 1% + Verwaltungskosten + Betriebskosten + Instandhaltungskosten) nur an Wohnberechtigte vermietet werden darf. Wohnberechtigt ist jemand dann, wenn er gegen Vorlage des Einkommensnachweises vom Wohnungsamt einen Berechtigungsschein erhält. Die Belegungsbindung lief in der Vergangenheit nach 30 Jahren ab.) Nicht bewährt hat sich die einkommensorientierte Förderung. Bei dieser erhält der Bauherr eine Grundförderung im Gegenzug für die Verpflichtung, mindestens 15 Jahre Sozialmieter aufzunehmen und eine ortsabhängige Höchstmiete nicht zu überschreiten. Die Zusatzförderung ist ein einkommensabhängiger Mietzuschuss für den berechtigten Mieter. Im Gegensatz zu den Sozialwohnungen des sogenannten ersten Förderwegs wird die Förderfähigkeit und die Förderhöhe alle zwei Jahre überprüft.

1.2. Die Gemeinnützigkeit für sozial verpflichtete Wohnungsunternehmen wird wieder eingeführt. (Gemeinnützigkeit liegt dann vor, wenn das in das Wohnungsunternehmen investierte Kapital mit maximal 4% verzinst werden darf und die darüber hinausgehenden Gewinne wieder in den Wohnungsbau investiert werden müssen.)

1.3. Einschränkung der Eigenbedarfskündigung auf Verwandte in gerader Linie, das sind Großeltern, Eltern, Kinder und Enkel. (der Begriff „Familienangehörige“ ist vom BGH ausgeweitet worden). Um den Mieter vor betrügerischer Eigenbedarfsbehauptung zu schützen, darf diese nicht mit der Beendigung des Mietverhältnisses erlöschen.

1.4. Für die Bestimmung der sog. ortüblichen Miete sollen nicht nur die Mieten der letzten 6 Jahre herangezogen werden dürfen, sondern auch die Bestandsmieten.

1.5. Modernisierungsmieterhöhungen sollten auf 2% der für die Wohnung aufgewendeten Modernisierungskosten begrenzt werden. Der §559 BGB ist entsprechend zu ändern. Die Modernisierungskosten müssen dem Mieter mitgeteilt werden. Nach Bezahlung der Modernisierungskosten, ist diese Umlage wieder zu streichen.

1.6. Die Möglichkeit einer Milieuschutzsatzung muss als mögliches Instrumentarium der Kommunen in das Baugesetzbuch eingeführt werden. (Milieuschutz, ist der Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung eines Stadtviertels)

1.7. Die Frist für die Versteuerungspflicht von Veräußerungsgewinnen bei Grund und Boden und Wohnhäusern soll von den bestehenden 10 auf 30 Jahre erhöht werden. Erst danach soll der Veräußerungsgewinn steuerfrei werden. Damit soll der Spekulation Einhalt geboten werden.

1.8. Sind im Erbfall die Erben mit der Bezahlung der Erbschaftssteuer überfordert ist ihnen die Möglichkeit einzuräumen diese als Hypothek zugunsten des Finanzamtes in das Grundbuch einzutragen. Diese Hypothek kann dann zu den üblichen Bedingungen getilgt werden.

1.9. Zum Zwecke des Energiesparens und des Schutzes vor Unwetterfolgen sind Entwicklungsprogramme für Gebäude und/oder größere Bebauungseinheiten aufzulegen. Den betroffenen Eigentümern sollen zu diesem Zwecke günstige Kredite angeboten werden. Rechtlich kann dabei das Städtebauförderungsgesetz oder das Recht im Bereich der Flurbereinigung als Muster für eine entsprechende Gestaltung verwendet werden.

Auf Antrag des Ortsvereins Ulrich möge der Parteitag beschließen:

2. Rechtlichen Änderungen im Bereich des Bodenrechtes

2.1. Novellierung des Bundesbaugesetzes die den Gemeinden die Befugnis zum Erlass von Bau- Modernisierungs- und Abbruchgeboten gibt und außerdem ihre Kompetenz stärkt die Art und Weise der Nutzung von Grundstücken zu regeln konkretisiert, detailliert und differenziert.

2.2. Eine Reform des Enteignungs- und Entschädigungsrechtes Enteignung erleichtern, Enteignungs- und Entschädigungsverfahren trennen, preislimitiertes Vorkaufsrecht einführen. (An Stelle des Kaufpreises tritt der Betrag, der bei Enteignung hätte gezahlt werden müssen).

2.3. Planungswertausgleich statt Planungsentschädigung. D. h. erleidet ein Eigentümer Nachteile durch staatliche Planungsaktivitäten müssen diese ausgeglichen werden. Erfährt der Eigentümer Vorteile davon, soll er Einkommenssteuer dafür bezahlen müssen.

2.4. Einführung einer Bodenwertzuwachssteuer Diese soll gelten auf außergewöhnliche Wertsteigerungen, die nicht durch Leistung des Bodeneigentümers herbeiführt wurden.

2.5. Reform der Bodenwertermittlung: Kontrollierte Selbsteinschätzung der Bodeneigentümer. Der selbstgeschätzte Wert soll dann für alle Steuern, Abgaben, Entschädigungen und Veräußerungsgewinne gelten. Will ein Grundbesitzer Steuern und Abgaben sparen und gibt er einen sehr niedrigen Schätzwert an, so gilt dieser dann auch im Falle der Enteignung und bei der Versteuerung eines Veräußerungsgewinnes.
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Dieser Antrag wurde dem Unterbezirksparteitag am 24. September 2022 vorgelegt. Da einige Punkt einer Klärung oder Präzisierung bedürfen wurde er zur weiteren Bearbeitung und den UB-Vorstand überwiesen.

Der UB-Vorsitzende Dirk Wurm sagte zu, diesen Antrag mit einer Arbeitsgruppe, der auch Mitglieder des OV Ulrich angehören, bis Anfang Februar zu überarbeiten und dann wieder dem Beschlussgremium vorzulegen.

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3. Auf Antrag des Ortsvereins Ulrich möge der Parteitag beschließen:

Eine besondere Serviceleistung für ältere Bürger Der Wohnungsmarkt findet heute schwerpunktmäßig auf Internetplattformen statt. Es gibt eine große Zahl von Personen, die keinen Zugang dazu haben. Für diese soll ein städtischer Betreuungsdienst für Wohnungssuchende eingerichtet werden.

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>>> Fundsache zu diesen Themen <<<

Am 1. Oktober 2022 war in der STAZ - Augsburger Stadtzeitung - zu lesen, dass in den vergangenen fünf Jahren rund um Augsburg die Preise von Baugrundstücken um zirka 84% gestiegen sind. Ein Einfamilienhaus kostet etwa 70% mehr als vor fünf Jahren. Die Preise von Eigentumswohnungen stiegen um 53%, die Mieten um 20%.